Gruppe 13


Räuberpistolen für den Hausgebrauch


Wo ist Simba? (Spoiler: im Puff)

von Fratonelli Mahagoni

Mit geübter Handbewegung ließ Shameless_Tomcat_666 das Butterfly-Messer in seiner Pfote auf- und wieder zuklappen. Das Geräusch kannte er nur zu gut, denn er hatte es schon hunderte Male gehört.
„Klapp klapp, klapp klapp.“
Sein Blick war durchdringend, eiskalt und zornig-heiß zugleich und TittyKitty konnte viel darin erkennen, nur eines nicht: Gnade. Doch so sehr sie sich auch zwang hinzusehen, so konnte sie doch nicht wegschauen.
„Klapp klapp.“
Jetzt stand die rostfreie Klinge starr und fest, blitzte im Licht des Bunsenbrenners direkt vor dem Auge des an einen alten Campingstuhl gefesselten Streifenpolizistens.
„Du…“,
rotzte Shameless_Tomcat_666 mit Stroh-80-geschwängerter Fahne ins bleiche Gesicht des vor Angst bebenden Unterkomissars, „Du wolltest mich schnappen, hab ich Recht?“
„Hmmmpf, hmmmm“, versuchte der mit einem großen alten Lappen und einem fest zugeschnürten Gürtel ruhig gestellte Bulle zu antworten.
Da stach Shameless_Tomcat_666 zu. Direkt ins Polizisten-Auge, das sich einfach wie Gelatine durchbohren ließ. Durch die weiche Hirnmasse hindurch bahnte sich die Klinge ihren Weg und brach mit einem lauten Krachen nur eine Millisekunde später durch die hintere Schädeldecke. Als Shameless_Tomcat_666 die Klinge wieder herauszog, machte es ein Geräusch wie ein Stiefel, den man ruckartig aus schlammigem Morast oder dem Juister Wattenmeer zieht. Das Blut tropfte runter auf den dreckigen Boden im Hinterzimmers des Billig-Puffs, in dem Shameless_Tomcat_666 schon harte Gangbangs gefickt – und nun auch noch ruchlos gemordet – hatte. TittyKitty musste sich wegdrehen und fast kotzen, als der Kopf des Cops leblos nach vorne fiel und Teile der Hirnmasse sich auf seinem Schoß mit dem Blut mischten, das von den vorangegangenen Messerstichen in die Herzgegend die blaue Uniform durchtränkt hatte.
„Jahahahah!“, keuchte Shameless_Tomcat_666 diabolisch. Er war ein eiskalter Killer geworden, ein Metzler, ein absoluter Psycho. Und er fand es geil. Doch das war nicht immer so gewesen.

„Siiiiimbaaaaa! Siiiiiimbaaaa?! Schatzebobbel? Mama ist endlich wieder da! Knuddelzeeeeeit!!!“
92 Kilo pure Hässlichkeit, gestaucht auf 1,62 Meter und der Gestank von billigstem Tedy-Parfüm drängten zur Haustür der zugemüllten 1,5-Zimmer-Bude herein und zerquetschten den Traum eines entspannten Nachmittags wie das Messer die Butter, die morgens dick auf dem Toastbrot der Mama landete.
Simba zog es den Magen zusammen, wie ein Wurm rollte sich der Therapiekater in der Ecke hinter dem Sofa zusammen und begann leise zu wimmern.
„Da bist du ja!“ Das waren unverkennbar die ekelhaften, mit Fett besetzten Stimmbänder der Mama.
Hochgehoben wurde er, mit dicken Fingern wurde ihm durchs Fell gewuschelt, die pickelige Fresse kam ganz nah an sein Gesicht. Ihm schauderte. Ein paar Urintropfen liefen ihm vor lauter Selbstmitleid aus seinem winzig verkümmerten, schon ewig nicht mehr zum Rammeln eingesetzten Katerpenis das Bein herunter.
Auf dem Arm der Mama musste er nun mit ihr aus dem Fenster schauen. Er wäre gerne herunter gesprungen in den Freitod, aber das Fenster war verschlossen. So starrten sie nur beide gemeinsam unten auf die große Straße. Ein junger Mann mit dunkelbraunen Locken und einem coolen Rucksack auf dem Rücken rollte in schnittigem Tempo auf einem schwarzen Mountainbike die Straße entlang.
„Mensch, der sieht ja fabelhaft aus“, sabberte die Mama auf Simbas Fell.
„Ja“, dachte Simba emotionslos, „der sieht wirklich verdammt cool aus. Aber ich sitze trotzdem hier fest. In diesem Loch, mit dieser Wumpe, ich will einfach nicht mehr. Ich kann einfach nicht mehr…“
Der Abend verlief wie jeder Abend. Die Mama kochte sich irgendwas mit viel zu vielen Kalorien, servierte Simba sein billiges Dosenfutter und zwang ihn dann in engem Körperkontakt mit ihm auf der Couch Pro7 zu schauen. Es war die Hölle auf Erden.

„Rrrrrr“
Was war das? Was war dieses Geräusch? Augenblicklich aus dem traumlos-depressiven Schlaf gerissen, war Simba plötzlich hellwach. Er schaute sich um: neben ihm die schnarchend schlafende Alte, wie immer noch mit einem Stück Pizza in der Hand eingeratzt, die andere Hand komplett in einem Glas Nutella gefangen. Na immerhin keine Mayonnaise, wie letzte Woche.
„Rrrrra!“
Was war das? War es da schon wieder gewesen? Obwohl Simba das Geräusch nicht zuordnen konnte und sich sicher war, dass er es noch nie in seinem tristen Dasein gehört hatte, kam es ihm vertraut vor. Wie aus einem früheren Leben, ein Weckruf, ein Geist, ein Ahne aus einer anderen Dimension.
Er blickte sich nochmals um, sah nach vorne. In dem schwarzen, viereckigen Rahmen, in dem sonst nur menschlicher Müll um die Anerkennung einer „Jury“ wettspastete, sah er nun ein Geschöpf, das ihm vor Ursprünglichkeit und brutaler Kraft den Atem raubte: Ein Tiger, ein echter Jäger, ein Kämpfer, absolut frei und ohne jede Regel. Und da wusste er es plötzlich sofort:
Das war SEIN Vorfahre. SEIN Blut. SEIN Weg!
Es durchzuckte ihn, er schüttelte sich, als er in einem Schwall der Mama das abartige Chappi in ihre hässliche Fresse kotzte, seine Krallen fuhren sich aus.
„Rrrrrooooooaaaar“, schrie der Tiger auf dem Flatscreen TV Gerät.
„RRRRRROOOOOAAAR“, schrie Simba zurück und trommelte sich mit den Pfoten auf dem stolz geschwellten Brustkorb, „Ich bin wiedergeboren! ICH BIN: SHAMELESS TOMCAT!!!“


F. Mahagoni hat die Katze aus dem Sack gelassen!
Unbegabter unbekannter Redakteur aus Usbekistan

Spannend, ja, wirklich spannend. Ui, so spannend.
Alfred Hitchcock