Gruppe 13


Räuberpistolen für den Hausgebrauch


Das Amulett der Königin

Typhus Cryme

Die Abenteuer von Hunwolf, Nr. 1

Das Schwert steckte tief im Brustkorb des Banditen fest. Hunwolf stellte den rechten Fuß auf die Schulter des blutigen Leichnams und zog mit beiden Händen am Griff von Hunmor, seiner legendären Klinge. Er biss die Zähne zusammen. Schweiß lief ihm von der Stirn. Die Adern in seinen muskulösen Armen bebten wie Schlangen, die sich um mächtige, glänzende Felsen wanden. Es knackte und schmatzte und mit einem plötzlichen Ruck war Hunmor frei. „Ich muss mich mit meiner Kraft zurückhalten“, dachte Hunwolf bei sich. „Ich bin einfach zu stark.“
Mit einem schnellen, präzisen Hieb trennte er den Kopf des Ex-Banditen von dessen Körper und warf ihn in das Netz zu den anderen. Mit diesem letzte Kopf befanden sich nun insgesamt zwölf Köpfe in Hunwolfs Kopfnetz und er hatte damit seinen königlichen Auftrag erfüllt. Die Bande von „Ralle und die schnellen Schlitzer“ würde das Umland ab heute nicht mehr plagen.

An einem nahegelegenen Flusslauf wusch er sich das Blut von seinen mächtigen Armen und seiner imposanten Brustmuskulatur. Sein schwarzes Pferd Rolf schien wenig beeindruckt, aber Hunwolf ahnte, dass es nur so tat. „Komm Rolf! Es wird Zeit aufzubrechen.“ Rolf wieherte. Hunwolf ritt auf Rolf durch den dicht bewachsenen, nebelverhangenen Brankenwald Richtung Urstätt, der Hauptstadt des Königreichs von Murr. Sie erreichten die Stadt am Morgen und so standen die Tore bereits offen. Hunwolf lenkte Rolf durch sie hindurch in ein Meer von gräulichem Braun. Die hölzernen Bauten von Urstätt trugen die gleiche braune Farbe, wie die Kleidung des Großteils seiner zahlreichen Einwohner, die sich wiederum kaum von den schlammigen Wegen, auf denen sie sich tummelten, abhob. In Kombination mit den morgendlichen Nebel alles in allem eine ziemlich deprimierender Anblick, dachte sich Hunwolf und steuerte sein kopfbepacktes Pferd in Richtung des Palastes.
Trotz der trostlosen Stimmung warf fast jede Frau (und kein unerheblicher Teil der Männer), die den Weg des oberkörperfreien Kriegers streiften, Hunwolf ein aufforderndes Lächeln zu. Für Hunwolf war das normal, er nahm es gar nicht mehr wahr. Alles war gut. Einige von ihnen wurden später schwanger.

„Halt!“ tönte ihm die Wache am Palasttor entgegen.
„Wer seid ihr und was wollt ihr am königlichen Palast?“
„Geh mir aus dem Weg, Bursche!“, knurrte Hunwolf von seinem Sattel herunter. „Ich bin Hunwolf, der größte Krieger aller Zeiten und ich bin hier um den König zu sehen.“
Die Wache schluckte und wurde bleich, als ihr gewahr wurde, mit wem sie es zu tun hatte. Sie wurde noch bleicher, ja, fast weiß, als sie die zwölf abgetrennten Köpfe im Netz an Rolfs Seite wahrnahm. „Natürlich, Meister Hunwolf. Verzeiht meine Ignoranz! Bitte tretet ein. Danke! Danke vielmals!“, stotterte die Wache, gab den Weg frei, senkte demütig den Kopf um Augenkontakt zu vermeiden und legte sich flach auf den Boden bis Hunwolf außer Sichtweite war.

Hunwolf betrat den Thronsaal. Der gewaltige Raum war von Marmorsäulen gesäumt, die viele Meter hoch bis in die reich verzierte Decke ragten, welche ein Bild der großen Schlacht um Murr gegen den zahnlosen Drachen Jens zeigte. Vor den Säulen standen die schwer gepanzerten Soldaten der Königsgarde, deren gewaltige Plattenrüstungen allesamt der bockige Dachs, das Wappentier des Hauses Murr, zierte. Am Ende des Saals befand sich der Thron, auf dem König Malff der Schlaffe wie ein Sack Kartoffeln hing. Ein kleiner, pummeliger Herrscher, mit der Haut einer alten Steckrübe und dem Charisma einer toten Ente. Hunwolf hatte nicht den geringsten Respekt für ihn. Neben ihm befand sich eine kleine Version seines Thrones auf dem seine Gemahlin, Königin Sikki, die Schönheit aus dem fernen Güntherland, in einen Hauch von Seide gehüllt, der ihre glänzende, honigfarbene Haut nur an wenigen ausgewählten Stellen bedeckte. Hunwolf schritt mit erhobenen Haupt durch den Saal und ließ dabei das bebende Dekolleté der Königin keine Sekunde aus den Augen. Sie starrte ihn mit verheißungsvollen grün-blauen Augen an und leckte sich dabei wollüstig über ihre roten Lippen. König Malff seufzte resigniert. Hunwolf ließ die gesammelten Köpfe mit einem lauten Schmatzen vor dem Königsthron fallen. „Die Banditen sind erledigt, Eure Majestät. Ralle schlitzt nicht mehr. Zahlt mit meine 100 Goldtaler wie versprochen, sonst gibt’s Ärger!“, spuckte Hunwolf. Mehr Seufzen.
„Ihr seid wie immer ganz schön frech für einen Söldner, mein guter Hunwolf, aber ihr habt getan wie ich euch aufgetragen habe und ich will meinen Teil der Abmachung halten“, seufzte der König.
Ein Diener präsentierte Hunwolf eine hölzerne Schatulle, welche zu Hunwolfs Freude bis zum Rand mit Goldtalern gefüllt war. Ein weiterer Diener trat neben den ersten und hielt eine weitere Schatulle von gleicher Machart und Inhalt vor Hunwolf, welcher daraufhin misstrauisch seine mächtigen Augenbrauen zusammenzog. „Für den nächsten Auftrag“, erklärte der König durch fettige Strähnen die unter seiner schief sitzenden Krone heraushingen. „Das Amulett meiner geliebten Gemahlin…“, Hunwolf starrte ihr jetzt unverhohlen auf die Brüste während sich die Königin vor ihm räkelte, „…wurde gestohlen“, fuhr König Malff fort. „Bringt mir den Dieb und euer Lohn soll sich verdoppeln.“
Dann räusperte sich ein Mitglied der Königsgarde.
Hunwolf rollte blitzschnell über den Steinboden zum Räusperer, zog dabei Hunmor von seinem Rücken und rammte das gigantische Schwert genau in den Sehschlitz des überraschten Soldaten. Für einen Moment verharrte der gesamte Thronsaal in geräuschloser Schockstarre, dann begann das Blut aus allen Öffnungen des Helms zu schießen und der Saal füllte sich mit aufgeregten Schreien und dem Klirren von unzähligen Schwertern die gleichzeitig gezogen wurden. „Eine Falle also“, murmelte Hunwolf zu sich, der nicht zum ersten Mal eine Situation völlig und fatal falsch einschätzte. König Malff schrie verzweifelt etwas von einem unglücklichen Missverständnis, doch seine Stimme war so schwach, dass Hunwolf sie nicht hören wollte. Die Königin schaute gebannt und mit einem breiten Grinsen dem Chaos zu, welches sich vor ihr entfachte. Sie riskierte dabei immer wieder einen Blick auf Hunwolfs Rückseite, deren unterer Teil wohlgeformt in eine enge Lederhose gepresst war.
Hunwolf hackte sich durch die schwer gerüsteten Wachen. Ihre metallenen Anzüge waren Hunmors Heldenstahl nicht gewachsen. Abgetrennte Körperteile sausten durch die Luft.
Schmerzensschreie erfüllten den Thronsaal und bald stand Hunwolf das Blut bis über die Knöchel. Immer mehr Wachen strömten in den Thronsaal, doch er hackte unermüdlich weiter. Hack, hack hack! Irgendwann verlor er in dem unübersichtlichen Getümmel Hunmor und er kämpfte mit bloßen Händen weiter, wie er es bei den kahlen Mönchen von Chi gelernt hatte. Knick, knack, krack!
Er haute und biss und rollte. Er sprang und trat und dann fand er Hunmor wieder und er hackte. Hack, hack, hack! So ging es weiter bis Hunwolf zum späten Nachmittag wieder zur Besinnung kam und sich die Überlebenden der Königsgarde bei ihm entschuldigt hatten. Kurze Zeit später fand er sich in den königlichen Gemächern mit Königin Sikki, der Schönheit aus dem fernen Güntherland wieder und das Getöse ihres Liebesspiels war in der ganzen Stadt zu hören, bis es in den Morgenstunden endlich aus klang. Das Amulett der Königin sucht Hunwolf in seinem nächsten Abenteuer – falls ihm danach ist.