Illyrisches Déjà-lu
von Pjotr Zapatov
Das Segelboot krängte hart nach Lee. Auf dem Bergsee im albanischen
Hochgebirgszug unweit der kosovarischen Grenze herrschte ein unbarmherziges Binnenwetter. Etliche
Schafe hatten sich nicht mehr rechtzeitig in ihre Pferche retten
können und hofften nun am Ufer auf eine Mitsegelgelegenheit. Kapitän
Leutrim kniff die Augen zusammen und schüttete sich einen Raki ein,
den ihm die Schafe heimlich zum Geburtstag destilliert hatten. Die
Situation war bereits dramatisch – nun spitzte sie sich zu. Wellen so
hoch wie dreißig übereinandergeworfene geschorene Winterpelze
schlugen über dem Boot zusammen. Die Gischt raubte der Besatzung den
Atem. Viele waren sie nicht mehr. Kapitän Leutrim, Harpunistin Xajë
und Valëza, die treue illyrische Schäferhündin.
„Hart Backbord!“, brüllte Leutrim und riss gleichzeitig das Steuer
nach Steuerbord. Durch dieses Ablenkmanöver hoffte er, den Wellen ein
Schnippchen schlagen zu können. Ein Trick, den er sich damals bei der
entscheidenden Seeschlacht gegen das Osmanische Reich von den
Muselmannen abgekuckt hatte. Und er gelang. Eine bösartige Welle
schwappte erfolglos am Segel vorbei, und ehe sie sich umdrehen konnte,
war sie bereits am Fels zerschellt. Die zerzausten Schafe applaudierten
spontan und machten einen Luftsprung. Valëza sprang ans Ufer und griff
sich ein paar von ihnen. Der Rest blieb tapfer zurück und wartete auf
ein Wunder. Zurück an Bord, versuchte der Kapitän eine
weitere Finte und hüpfte über die ruckelnde Wasseroberfläche. Gott
steh uns bei, schickte Xajë ein Stoßgebet zum Himmel und klammerte
sich noch fester an ihre goldene Harpune.
„Uff!“ Brian klappte das Buch zu. Schon wieder eine dieser „Stürmische-See“-Geschichten. Das hatte er doch neulich schon gelesen, in der Schwarte von Elbfeind Kaschmir, und das um einiges besser. Ist das jetzt der neue Vampirroman? Fällt denen nichts mehr ein? Irgendwie war es natürlich auch spannend, aber er wollte auch mal wieder was mit Raumschiffen lesen, oder mit Nuklearpilzen, oder auch was mit Fröschen. Immer diese „Stürmische-See“. Ist doch scheiße. Er stand mit dem Buch in der Hand auf, drückte auf seinem Kassettendeck auf „Play“ und hörte die ersten Takte von „When Will I Return“ der Swans. Und dann stand er da und lauschte. „I’m Alive!“ Yeah. Brian merkte, dass er immer noch das Buch in der Hand hielt. Er ging zum Fenster und warf es angewidert fort.
Das Raumschiff kippte hart gegen den Maelstrom. Im Orbit des Handelspostens
Illyria unweit der kovalifonischen Grenze herrschten unbarmherzige
Meteroritenschauer. Etliche Pelzhändler
hatten sich nicht mehr rechtzeitig in ihre Raumgleiter retten
können und hofften nun am Rande des Planetenrings auf eine Mitfahrgelegenheit. Commander
Leutrim kniff die Augen zusammen und schüttete sich einen Vodka ein,
den ihm die Pelzhändler heimlich zum 50. Handelsjubiläum destilliert hatten. Die
Situation war bereits dramatisch – nun spitzte sie sich zu. Meteoriten so
groß wie dreißig übereinandergeworfene geschorene Winterpelze
schlugen über dem Raumschiff zusammen. Die Schauer raubten der Besatzung den
Atem. Viele waren sie nicht mehr. Commander Leutrim, Laser-Harpunistin Xajë
und Valëza, die treue illyrianische hundeähnliche Kreatur.
„Hart Backbord!“, brüllte Leutrim und riss gleichzeitig das Steuer
nach Steuerbord. Durch dieses Ablenkmanöver hoffte er, den Meteoriten ein
Schnippchen schlagen zu können. Ein Trick, den er sich damals bei der
entscheidenden Raumschlacht gegen das Oszillierende Reich von den
Oszi-Aliens abgekuckt hatte. Und er gelang. Ein bösartiger Meteorit
schwappte erfolglos an der Tragfläche vorbei, und ehe er sich umdrehen konnte,
war er bereits am Planetenring zerschellt. Die zerzausten Pelzhändler applaudierten
spontan und machten einen Luftsprung. Valëza sprang auf den
Planetenring und griff
sich ein paar von ihnen. Der Rest blieb tapfer zurück und wartete auf
ein Wunder. Zurück an Bord, versuchte der Commander eine
weitere Finte und hüpfte zwischen den ruckelnden Meteoriten hindurch. Gott
steh uns bei, schickte Xajë ein Stoßgebet zum Orbit und klammerte
sich noch fester an ihre goldene Laser-Harpune.
„Na geht doch!“ Brian legte das Buch weg und überließ sich zufrieden dem Sandmännchen.