Gruppe 13


Räuberpistolen für den Hausgebrauch


Die Geschichte vom sehr schlechten Jazzmusiker Filip Fön

von Waltraud Klostein & Katja Domingo / aus dem Britischen übersetzt von Claudio U.

Filip Fön stand mit dem Fön auf der Bühne und sorgte für heiße Luft. Mehr trauten ihm seine Bandkameraden nicht zu.

Pontius Preller - Bass
Ingo Spontano - Gesang
Leif Life - Gitarre
Maastricht Kummer - Drums
Filip Fön - Fön

Es war immer dasselbe. In jeder Band. Filip fühlte sich weder gewertschätzt noch ernstgenommen. Oft beschwerten sich die Leute, dass der Fön die stickige Luft in den Kellern und Jugendzentren noch stickiger machte. Auch wurde behauptet, dass der Fön als Instrument nur wenig zum Sound der Band beizutragen hatte. Es gab sogar Solche, welche den Fön als störend empfanden. Aber Filip fand ihn richtig „röhrend“. Wobei auch hierzu wieder extreme Kritiker ihm als Antwort entgegenschmetterten, dass „röhrend“ für Jazzmusik unpassend wäre. Wie wenig sie doch wussten…
Filip blicke auf 12 Jahre Jazzmusikstudium an der TH Gießen zurück (ohne Abschluss) und war sich seiner hohen musikalischen Fähigkeiten, praktisch wie theoretisch, gewiss. Die kritischen Stimmen zu seiner Performance und seinem Talent führte er auf Missverständnis und mangelnde Bildung seines Publikums und Mitmusikern zurück. Diese hatten auch schon etliche Male versucht, Filip aus der Band zu werfen – doch jedes Mal bot er mehr Geld. Und so stimmten sie schweren Herzens und mit verstimmten Jazzgefühlen seiner weiteren Bandmitgliedschaft zu. Manche hatten auch einfach nur Angst vor ihm. Filip war ein intensiver Typ. Und die Legende ging herum, dass der Fön auch schon die ein oder andere Badewanne eines Kritikers heimgesucht hatte. Die kreisrunden Brandnarben auf den Armen seiner aktuellen Crew festigten den vermeintlichen Wahrheitsgehalt dieser Gerüchte. Heute traten „Preller und Fön“ im Jazzkeller Groß-Gerau auf. Zum Konzert waren 5 Karten verkauft worden. Doppelt so viele wie sonst. Man hoffte auf spontanen Zustrom an der Abendkasse. Die Anspannung in der Band war groß. Trotz Angst und finanzieller Anreize war Filips Position in der Band umstrittener denn je. Kurz vor Beginn der „Show” launzte Maastricht den extrem aufgedrehten Filip im Backstage-Bereich an:
„Fön, du Ratte, ich hab genug von dir und deinem Fön! Geh ins Badezimmer damit! Auf der Bühne hast du nichts zu verloren!”
Mit wirrem Blick starrte Fön ihn an. Langsam glitt seine linke Hand gen Maastrichts prallem Gemächt.
„UAH! WUÄÄH!”, entfuhr es ihm plötzlich, weil in diesem Moment eine riesige Wespe extravagante Flugübungen direkt in seinem Sichtbereich veranstaltete. Nun war Maastricht an der Reihe wirr zu starren, nicht realisierend, dass ihm das Insekt gerade seine Hoden gerettet hatte. Schlussendlich schrie er:
„Du kapierst es einfach nicht, Filip! Die Show heute ist unsere allerletzte Chance! Wir brauchen jetzt einen fetten Fame-Booster, sonst kacken wir karrieretechnisch übelst ab!!! Filips irre Augen bohrten sich ins Gesicht seines Schlagzeugers. Er zog eine elektrische Zahnbürste aus seiner Hose und drückte sie Maastricht in die Hand.
„Kummer, wenn du willst, dass wir heute Abend alles abräumen - mehr als du es dir in deinen kühnste Träumen vorstellen kannst - dann spiel die das hier! Spiel!“
„Die Bürste?“ fragte der Drummer ratlos.
„Ja Mann! Die Bürste! Jede Bürste ist wie ein kleiner Fön!“
In dem Moment stürmte Ingo Spontano in den Backstage. Wie immer war er sehr spät dran, denn sein Porsche hatte nur 480 PS. Deutlich zu wenig für die parallel zur Autobahn verlaufenden schlammigen Waldwege, die er gerne zur Anreise zu den Konzerten nahm. Er war völlig aus der Puste und sein Atem roch nach Obstler und Chantre. Er sah die beiden aus glasigen Augen an. „Kommt Jungs, wir müssen auf die Bühne. Ich habe zahlreiche Nutten geprellt und sie sind mir auf den Fersen! Je rascher wir hier fertig sind, umso eher kann ich flüchten. Ich spiele auch eins von Filips Scheißinstrumenten!“
Fön reichte ihm wortlos einen Rasierapparat.
Aus Gründen, die hier aus ethischen Gründen nicht näher genannt werden können, hielten auch Leif und Preller am Ende der Konversation elektrische Haushaltsgeräte aus Filips Keller in der Hand.
Der daraus resultierende Auftritt sorgte wenig überraschend dafür, dass die Band so hart verprügelt wurde wie niemals zuvor. In den ersten Minuten sah es noch so aus, als könnten sie das Publikum überzeugen. Das beruhigende Surren des Rasierapparates kam erstaunlich gut an, bei dem 100% “männlichen“ Publikum. Doch spätesten mit dem Einsatz des Föns kippte die Stimmung…

Der Krankenhaus-Direktor freute sich:
„Sie sind meine besten Kunden! Dank Ihnen bin ich höchst wohlhabend. Ich besitze nunmehr sogar ein kleines Schloss in Neuschwanstein. Apropos: Haben Sie überhaupt schon unsere Bonuskarte? Nach vier OPs gibt’s die fünfte umsonst!!!“
Filip steckte dem grinsenden Krankenhaus-Direktor ein Bündel Geldscheine in die Hemdtasche und rollte mit finsterer Miene aus dem Krankenhaus.

Seine Band wartete auf dem Rollstuhlparkplatz auf ihn. Alle waren nun halb Mensch halb Auto und sehr gut drauf vom Morphium. Noch auf dem Parkplatz gründeten sie das Rollstuhlbasketballteam „Harlem Feetless“ und erlangten großen Rum. Filip ging als größter Jazzmusiker aller Zeiten in die kaiserlichen Kriegschroniken ein. Sein Schwanz trug keinen Schaden davon.