Gruppe 13


Räuberpistolen für den Hausgebrauch


Abgeklärt aufgeklärt

von Mango Meloni

„Letztens habe ich die Klobürste benutzt. Dabei habe ich das Wasser so ungeschickt verdrängt, dass es hochgespritzt ist und mir ins Auge. Ein anderes Mal habe ich einer alten Frau über die Straße geholfen. Auf der anderen Straßenseite angekommen hat sie mir an den Schwanz gefasst. Und noch ein ganz anderes mal habe ich einem Löwen auf einer Afrika-Safari ein Stück Bifi gegeben. Da wollte er gleich meinen ganzen Arm haben. Ist nicht ok sowas. Aber ist Realitas.
Als ich geboren wurde war ich gar nicht so. Als Baby habe ich immer einfach Milch geschluckt und rumgerülpst. Mir wurde alles gegeben was ich brauchte. Ich musste mich um nichts sorgen. Ein paar Jahre später wurde ich dann irgendwie – und ich weiß bis heute nicht wie – zwangsaltruisiert. Das hört sich nicht nur an wie kastriert, das fühlt sich auch so an, im Nachhinein, wenn man sich dessen bewusst wird. Da wurde was weggeschnitten. Und zwar der ganz normale, angeborene, Egoismus. Naja, ich gebe zu, in der Pubertät (bis ca. 28 Jahre) hat er sich manchmal wieder an die Oberfläche gekämpft, aber danach: Faustschlag, tot.
Ich habe mich nun bewusst dazu entschieden, da nicht mehr mitzumachen. Ich bin jetzt voll anti, aber so richtig mies. Ein hochgradig befreiendes Gefühl.
Wie sich das so äußert? Ein Beispiel: Vor meinem Fenster verläuft eine Schnellstraße, die ist zu laut. Letzte Woche habe ich einfach einen dicken Backstein geschnappt und ihn auf die Autos geworfen. Dann habe ich die Polizei angerufen und gesagt: Mein Nachbar hat gerade ein Wurfgeschoss auf die Autos draußen geschleudert.
Das war aber noch recht harmlos. Danach bin ich nämlich runter zu meinem Nachbar und habe ihn penetriert. Ich bin nicht schwul, nein, aber das war es mir trotzdem wert. Es war mehr so ein Revenge-Fuck. Er war ja ein Steinewerfer.
Das ist nämlich der wichtige Schritt weg vom guten Petro. Man darf nicht nur einfach bitterböse Verhaltensweisen an den Tag legen. Man muss im zweiten Schritt auch andere dafür verantwortlich machen und vor allem diese dann auch dafür zur Rechenschaft ziehen. Apropos ziehen…“

An dieser Stelle war der Brief durchgerissen. Der Kommissar kniff die Augen zusammen. Seine 44jährige Berufserfahrung sagte ihm sofort: das war kein gewöhnlicher Abschiedsprief. Es fehlte nämlich ein Komma. Außerdem war das Schriftbild viel zu schön für einen Selbstmörder. Die Schrift verlief leicht geneigt nach oben, was Positivität zum Ausdruck brachte. Schade, dachte Kommissar Bornemüller, da muss ich wohl ran jetzt. Kein Spa heute, stattdessen Arbeit. Er fing leicht an zu schwitzen und nahm sich einen vorgefertigten Spion aus dem Kippenpäckchen.
Er drehte sich zum Leichnam, der immer noch auf dem Bett lag und von den Obduktions-Menschen (Bornemüller kannte die korrekte Berufsbezeichnung immer noch nicht) fotografiert wurde.
„Scheuch, scheuch, weg mit euch!“ rief Bornemüller mit einer herablassenden Geste. Seine Kollegen mit den weißen Überziehern machten sich aus dem Staub. Sie wussten, das Genie legt gleich los. Und so war es.
Als das schäbige Schlafzimmer menschenleer war – bis auf die Leiche und Bornemüller – zündete sich letztgenannter seine grasgefüllte Zigarette an und inhalierte drei Züge. Dann legte er los mit seinem Verhör:
„Toter, wo waren Sie gestern abend?“
Keine Antwort. Gut. Er war also wirklich tot. Erster Test bestanden.
„Hey, du Depp, du schielst.“ Bornemüller stumpte den Leichenmann mit dem Fuß an.
Ebenfalls keine Reaktion.
„Affenkopf, du hast nen kleinen Schwänzerich!“
Der angeblich Tote dreht sich plötzlich zu Bornemüller und schrie:
„Das stimmt gar nicht! Ich hab den dicken Prügel in der Buchse!“
Eine Sekunde später fiel ihm ein, dass er ja eigentlich tot war und sich jetzt aber mal volle Lotte verplappert hatte. Scheiße. Er ließ sich wieder in die Todesposition fallen und versuchte die Situation zu überspielen. Doch zu spät. Bornemüller war ein abgebrühtes Stahlei. Er hatte über 43 Jahre Berufserfahrung und so eine Schelmerei war für ihn Kinderkacke. Er drückte sein Rauchgerät im Aschenbecher aus, ging zur Tür raus und wählte die Nummer der ERGO:
„Ja, hier Bornemüller. Hab wieder einen Betrüger für euch klar gemacht. Wollte seine Lebensversicherung abspenstig machen.“
„Herr Bornemüller, Sie sind ja ein wahrer Held! Wie sollen wir das nur…“ flötete eine sanfte Frauenstimme.
„Papperlapapp“ erwiderte Bornemüller schroff, „schon okay. Setzten Sie mich einfach auf die Liste für die nächste Bunga Bunga Party in Essen.“ Noch bevor die Dame antworten konnte, legte er auf. Mit stolz geschwellter Brust ritt er an den dilettantischen Normalo-Polizisten vorbei nach draußen. Feierabend. Er hatte sich ein Bier verdient.

„Dr Oettker Pizza Margarita a la Mama. Mmmmh, wie bei Mama.“
Mann in TV-Werbespot mit italienischem Akzent

„Der Autor hat sich sicher viel Mühe gegeben.“
Jochen Rochen

„Brandaktuelles Thema, leicht aufbereitet und gut verständlich für Jedermann.“
TV Today