Jurassische Triade
von Pjotr Zapatov
ein weiteres Juanita-Shalima-Abenteuer
In einem zentralamerikanischen Dschungel…
„BAMMMMMMMM!“
In einer ungeheuerlichen Explosion zerbarst der AH-1W SuperCobra in der
Schlucht. Juanita Shalima warf sich ins Gras und wartete ein
paar Minuten ab, bis der Regen aus heißem Metall langsam abgeklungen
war, dann richtete sie sich langsam wieder auf. Das war bereits der
zweite Hubschrauber, den sie heute vom Firmament geholt hatte. Sie
musste sich beeilen, wenn ihre Munition noch bis zum Abendbrot reichen
sollte.
Auf einem anderen Kontinent…
Auf dem 153. Paläontologenkongress in Isfahan kam es zu Tumulten. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hatten sich noch nicht vollständig von der im Auditorium offen ausgetragenen Fehde zwischen Professorin Schusterkopf und Professor Strippenstern erholt, die sich erbittert darum gestritten hatten, ob die diapsiden Traversodontidae oder die temnospondylen Metoposauroidae für das Aussterben der Rauisuchidae vor der Transgression des Hettangiums verantwortlich zeichneten, was mit einem Punktsieg durch Kopfnuss von Professorin Schusterkopf in die Mittagspause gegangen war, da hatte Professor Trachytow auf seiner letzten Folie die Atombombe seiner Disziplin gezündet. Ein Raunen war durch die Menge geeilt, verwirrte Griffe in rauschende Bärte folgten auf nervöses Hüsteln und laute Rufe nach Ärzten. War es möglich? Professor Trachytow hatte eine ungeheuerliche These in die Paläontologenwelt entlassen, und die Bombe hatte gezündet. Nun regnete es paläonuklearen Fallout über die Köpfe der Wissenschaft. Nur ein Beweis fehlte noch. Doch wo war der fehlende Knochen, der Missing Link?
Juanita Shalima wusste es genau. Der Missing Link lag vor ihren Augen
am Stand einer verhutzelten Souvenirverkäuferin auf dem Markt von Las
Chipacuhaxas.
Sie musste nur noch einen Weg finden, an ihn heranzukommen.
200 Millionen Jahre früher…
Wucherndes Grün allerorten. Saftig und tropfenbewehrt wiegen sich
fette Halme im sanften Abendwind. Als dicke lodernde Orange senkt sich
die Sonne hinter den riesigen See, große Fische springen lustig im
neckischen Spiel über die Wellen.
Am sandigen Ufer labt sich ein T-Rex an einem Brachiosaurusbein.
Ein Pteranodon hebt an zu seinem Flug ins Landesinnere. Immer dichter
wird das Gestrüpp. Dann setzt er sich an sein Nest und füttert seinen
Nachwuchs mit Nissen, welche er heimlich aus den Schuppen des T-Rex
gepickt hat. Wenige Dutzend Meter weiter ein Geflecht aus dicken
Saurierschwänzen. Schlangengleich winden sie sich umeinander und
erzeugen ein schmatzendes Geräusch. Brunftige Laute röhren durch die
präjurassische Flora. Angiospermen fallen zu tausenden auf den
feuchten Boden.
Wenn die Sonne heute abend untergegangen sein
wird, wird das Trias endgültig zu Ende sein und das Massensterben
beginnen.
Im gleichen Breitengrad, doch in unserer Zeit…
Der palmenbewehrte Strand lag in einem irisierenden Licht da und rührte sich nicht von der Stelle. Eine Hand voll mutiger Krabben krabbelten in karamelisiertem Sand auf die wie tot herumliegenden Überbleibsel der Zeremonie der letzten Nacht zu, und wussten auch nichts damit anzufangen. Nur zögerlich gesellten sich einige Farben hinzu und betupften den Himmel in pastellenen, doch stummen, Tönen. Es knarzte im Palmengebälk. Mit kullernden Augen sonderten die versammelten Krabben einen nur für sie hörbaren Warnruf ab, einige gerieten in Panik. Sie hatten ein feines Gespür für den Lauf der Natur, in der sie lebten. Nicht immer half es ihnen beim Überleben. Sekunden später fiel eine Kokosnuss mit einem trockenen „Plonk“ auf ein armseliges Stück Strandgut und rollte anschließend dahin. Die Krabben wichen zurück vor dieser Naturgewalt. Immerhin war sie ihnen vertraut, tagein, tagaus fielen die Früchte von den Palmen. Wenn die Sonne an diesem Tag wieder schläfrig ins Meer sinken sollte, würde die Krabbenwelt eine andere sein. Seltsame Ereignisse warfen ihren Schatten voraus. Am Horizont tauchte ein Periskop auf und richtete sich drohend auf den Strand. Die Krabben murmelten.
Zurück in Südamerika…
Auf dem Markt von Las Chipacuhaxas wurden allerlei Dinge angeboten.
Händlerinnen mit faltigen Gesichtern priesen Litschi an, hielten
riesige Wurzeln in die Höhe und wiesen auf die süßen Nüsse an ihren
Ständen. Männer mit gewaltigen Sombreros boten Maulaffen feil.
Die Sonne knallte gnadenlos auf das Treiben herab und tauchte die
Szenerie in ein hartes weißblaues Licht. Staub wirbelte hier und da in
die Höhe. Pferde wieherten, Esel blökten, und der staubige Wind
wirbelte die verschiedenen Sprachfetzen zwischen den Ständen hin und
her.
Juanita Shalima verweilte im Schatten eines riesigen Kaktus und saugte
an ihrem Litschishake. Ihr trotz der sengenden Sonne messerscharfer
Verstand arbeitete rasch.
Shukahachi war nervös gewesen, als er ihr den Auftrag erläutert
hatte.
„Wir können uns diesmal keine Fehler erlauben. Daher setze ich mein
vollstes Vertrauen in Ihre Fähigkeiten, Shalima.“
„Natürlich, Sir!“
„Wie Sie wissen, waren die Paläontologen außer sich, als sie Wind
davon bekamen, dass der Knochen fehlte. Wir müssen alle Hebel in
Bewegung setzen, ihn wiederzubekommen. Damit meine ich: alle!
Habe ich mich klar ausgedrückt?“
„Selbstverständlich, Sir!“
Juanita Shalima war die beste Knochenjägerin des gesamten Dienstes.
Niemand hatte so viele Missionen erfolgreich abgeschlossen wie sie.
Bereits im Koreakrieg hatte sie sich ihre ersten Sporen verdient, als
sie den gestohlenen Hüftknochen eines Nyasasaurus aus den im
Todeskampf verkrümmten Händen
eines notorischen Knochenräubers in Busan nahm und ihn in ihren
Rucksack steckte. Später, in den unruhigen 70ern, auf dem Höhepunkt
ihrer zweiten Karrierephase, hatte sie ihren Ruf nachdrücklich mit
spektakulären Erfolgen untermauert: die Komplettierung des Eoraptors
von Prag mit dem fehlenden Rückenwirbel, die Berliner
Wiederherstellung eines Allosaurus mit dem letzten Backenzahn, oder die
aufsehenerregende Restaurierung des kasachischen Velociraptors mit den
Ischiumknochen, die sie einem hinterhältigen Buren aus seiner Villa
in Saxonwold in Johannesburg geholt hatte. Sie erinnerte sich noch gut
an den Kampf mit seinem Leibwächter, ein ehrlicher Kampf, einer der
besten Fights ihrer Karriere. Für ihren Gegner war es ein ebenso
lohnenswerter Kampf, das hatte sie in seinen Augen gesehen, doch
erinnern würde er sich nun nicht mehr können, nach seinem blutigen
Ende kopfüber im Piranha-Aquarium im Wohnzimmer der luxuriösen Villa.
Danach war es still geworden um sie.
Bis Shukahachi sie kontaktiert hatte. Er brauchte sie nun, wo alle
anderen gescheitert waren.
Im Pazifik entwickelt sich ein verwirrendes Geschehen…
Langsam durchpflügte das Unterseeboot die Wellenkämme. Es hatte nun bereits siebenmal das Atoll umkreist, wie ein Geier einen dürstenden Cowboy. Doch jetzt verlangsamte es seine Fahrt, tauchte ganz auf und kam schließlich in bedrohlicher Nähe zum Stehen. Kein Lüftchen regte sich. Die Kokospalmen hielten den Atem an. Nur das unbehagliche Murmeln aus einem Dutzend Krabbenkehlen war zu hören. Die Augen der Krustentiere richteten sich auf den stählernen Delfin, welcher nun klunkernde Geräusche von sich gab. Quietschend öffnete sich die Luke und gab einen schwarz gelockten Pagenkopf frei. Er drehte sich sorgfältig in alle Richtungen, und nachdem er mit einer beängstigenden Präzision einmal um die eigene Achse rotiert war, senkte er sich wieder in das Innere des Unterseebootes hinab. Eine Minute verstrich. Es rumpelte, und dann flog plötzlich in einem hohen Bogen ein gigantischer Knochen aus der Luke auf die Insel zu! Es hätte nicht viel gefehlt und er hätte die erste Kokospalme getroffen, doch knapp sauste er an ihr vorbei und fiel mit einem satten dumpfen Ploff auf den Sand. Die Luke schloss sich pfeifend, und das Unterseeboot setzte sich wieder in Bewegung. Nach 20 Metern tauchte es gluckernd ab und ließ nur einen sich kräuselnden Sog über sich, welcher sich alsbald nicht mehr von den sanft wogenden Wellen der See unterschied. Der Knochen vibrierte leicht. Die Krabben rückten näher.
(Red. Anmerkung: Aufgrund eines akuten Wadenkrampfes des Autors erscheint der Text in unvollständiger Form. Eine Fortsetzung ist geplant).
„Der AH-1W SuperCobra schneidet im Test etwas besser ab als der etwas
angejahrte Apache. Kaufempfehlung!“
Kampfhubschrauber-Revue
„Zapatov hat ein feines Gespür für Tierszenen. Ich musste an
mehreren Stellen weinen.“
Der moderne Feminist